Präses Dr. Thorsten Latzel kritisiert Diffamierungen und religiöse Klischees

Anti-Baerbock-Kampagne: Kulturelle Vergessenheit und religiöse Ignoranz

Düsseldorf. „Das geht überhaupt nicht: Zerrbilder von Religion zu verwenden, um damit einzelne Personen zu diskreditieren.“ Dr. Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, kritisiert die Kampagne der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ scharf.

Das Bild, das die Initiative verwendet, zeigt die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock als Mose. In den Armen hält sie in Anlehnung an den biblischen Bericht aus dem 2. Buch Mose zwei Tafeln. Betitelt ist die Abbildung mit „Annalena und die 10 Gebote. Grüne Verbote führen uns nicht ins gelobte Land“.

Von der Freiheit der Zehn Gebote nichts verstanden

Die Anzeige zeuge von kultureller Vergessenheit und religiöser Ignoranz, so Dr. Thorsten Latzel. Das Bild der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ bediene gleich mehrere Klischees, um Baerbock und die Politik ihrer Partei zu diffamieren. Hierzu benutzten die Macher eine Bildsprache, die die jüdische wie die christliche Tradition gleichermaßen vereinnahme. Das Bild suggeriere, die Politik der Grünen stehe in einer Kontinuität zu gängelnden Verboten, wie sie Mose vermeintlich verkörpere. „Völlig unverständlich ist mir der Satz, Verbote hätten noch nie ins gelobte Land geführt. Von der Freiheit, um die es in den Zehn Geboten geht, haben die Verantwortlichen offensichtlich nichts verstanden – oder wollen es nicht verstehen“, sagt Präses Latzel. Die Zehn Gebote seien Ausdruck der Befreiung des Volkes Israel durch Gott. Ihr Sinn und Zweck bestehe darin, dass das Volk Israel als Gemeinschaft ein Leben in Freiheit führen könne. Das Bild der Initiative entlarve daher auch deren hinter dem Bild liegendes Freiheitsverständnis. Freiheit bestehe nach dem Verständnis der Bibel aber eben nicht darin, tun und lassen zu können, was man wolle. „Nach der Bibel gehört zu meiner Freiheit immer auch die Freiheit des anderen dazu. Die eine ist ohne die andere nicht zu haben“, stellt der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland klar.

Harte Auseinandersetzung ja, Diffamierungen nein

„Ich warne nachdrücklich vor persönlichen Diffamierungen und Schlammschlachten im Wahlkampf – gleich von welcher politischen Seite. Bei aller notwendigen harten sachlichen Auseinandersetzung: So etwas beschädigt die Demokratie“, stellt Dr. Latzel fest. „Als Christinnen und Christen setzen wir uns dafür ein, dass Gegensätze sachlich und fair ausgetragen werden und dass ein Raum gegenseitiger Anerkennung erhalten bleibt, in dem die Politikerinnen und Politiker einander menschlich begegnen können.“ Auseinandersetzung in der Sache sei wichtig. Aber: „Herabwürdigende Äußerungen haben hier ebenso wenig verloren wie die respektlose Aneignung religiöser Bilder.

  • 14.6.2021
  • Jens Peter Iven
  • ekir.de